Ásatrúarfélagið – die Asenglaubensgemeinschaft Islands

Um das Jahr 1000 nahmen die Isländer den christlichen Glauben an, was bedeutete, dass das Land nicht in einen heidnischen und christlichen Block gespalten wurde. Doch überlebten Bräuche und Gepflogenheiten und blieben die Götter weiterhin lebendig in der isländischen Literatur, so dass daraus in den 1970er-Jahren eine alte Religion neu entstehen konnte.

Der Hochgode Hilmar Örn Hilmarsson weiht während einer Blót-Feier in Þingvellir einen neuen Goten ein. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2011-06-23__MG_1401_00119
Der Hochgode Hilmar Örn Hilmarsson weiht während einer Blót-Feier in Þingvellir einen neuen Goten ein.

Seit Mitte 1973 ist die Asenglaubensgemeinschaft in Island eine anerkannte Religionsgemeinschaft, hier bekannt als Ásatrúarfélagið. Den Priestern der Religionsgemeinschaft, Goden genannt, sowie dem Oberhaupt der Gemeinschaft dem Hochgoden, ist es daher wie den Priestern anderer Religionen auch erlaubt Namensgebungszeremonien, Eheschließungen (auch für nicht in Island Wohnende) und Beerdigungen durchzuführen. Es ist eine sehr offene Religion, in der die die Achtung der Natur und alles Lebendigen zentraler Mittelpunkt ist. Toleranz, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit sind wichtige Eigenschaften eines Menschen, der verantwortlich für sein Leben und sein Handeln ist. Verehrt werden die Asen und Wanen, die zentralen Göttergeschlechter der nordischen Mythologie, aber auch die Schutzgötter des Landes, Riesen, Zwerge Nornen und Elfen. Doch ist die Ausübung der Religion recht frei, es gibt wenig Regeln, und jede Person muss selbst ihren Weg finden, den eigenen Vorstellungen Gestalt zu verleihen. Es gibt keinen Gott, der einem vorschreibt, was man zu tun oder zu lassen hat. Spirituelle Quelle sind die Erzählungen, Gedichte und Lieder der Lieder-Edda und der Snorra-Edda, die von Göttern und Helden und deren Lebenswelt berichten, aber auch Sinnsprüche zum täglichen Leben bieten.

Aufnahmeritual in die Glaubensgemeinschaft der Ásatrú, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2011-06-23__MG_1396_00114
Aufnahmeritual in die Glaubensgemeinschaft der Ásatrú

Die wichtigsten Feiern im Jahreslauf sind die Blót-Feiern, die ursprünglich Opferfeierlichkeiten für die Götter waren. Die ganze Gemeinschaft strömt zusammen, um miteinander unter freiem Himmel ihre Verbindung mit den Göttern zu stärken und zusammenzukommen mit anderen. Es sind Tage mit einer besonderen Bedeutung für das Leben der Menschen: die Wintersonnenwende, der erste Sommertag (Mitte April), die Sommersonnenwende, der erste Wintertag (Anfang Oktober). Doch finden auch an anderen Tagen überall im Land Feiern statt, wie die Þorrablót-Feier, bei der die traditionellen Gerichte des Landes gegessen werden. Zu den Feiern sind alle willkommen, die daran teilnehmen möchten, nicht nur die knapp 2000 Mitglieder der Gemeinschaft.

Vermählungsfeier der Ásatrú während einer Blót-Feier., ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2011-06-23__MG_1352_00070
Vermählungsfeier der Ásatrú während einer Blót-Feier

Mitglied der Religionsgemeinschaft kann werden, wer über 16 Jahre alt ist und einen Hauptwohnsitz in Island hat. Seit 2003 ist Hilmar Örn Hilmarsson Hochgode der Religionsgemeinschaft. Der Komponist und Musiker verarbeitet sein großes (spirituelles) Wissen in seiner Musik und dürfte einigen von CDs und den Soundtracks verschiedener Kinofilme (u. A. Children of Nature, Angels of the Universe, Beowulf & Grendel) bekannt sein. In der Nähe des Strandbads Nauthólsvík besitzt die Gemeinschaft ein Grundstück, auf dem ein Tempel entstehen soll.

Die Religionsgemeinschaft, die in jedem Jahr mehr Mitglieder zu verzeichnen hat, steht jeden Samstag von 14–16 Uhr jedem offen, der vorbei kommen möchte, und über das Jahr verteilt finden Kurse und Lesungen statt, in denen die Edda, Runen oder andere wichtige Aspekte der Ásatrú an die Reihe kommen.