Tageslicht

Woran erkennt man, dass in einem Haus Ausländer wohnen? Weil im Sommer die Fenster mit Alufolie zugeklebt sind. Die Alufolie kann man im Winter getrost wieder abmachen, denn da bleibt es morgens lange dunkel und nachmittags bricht früh die Dämmerung herein.

Blick über die Bucht von Reykjavík im Juni um halb zwei nachts, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, IMG_1224__2010-06-12_01-38-06_aA
Blick über die Bucht von Reykjavík im Juni um halb zwei nachts

Viele Besucher fragen sich, wie das denn funktioniert mit dem Tageslicht in Island. Ist es im Winter wirklich fast nur dunkel und bleibt es im Sommer tatsächlich die ganze Zeit hell? Durch die große Nähe zum Nordpol unterliegt Island tatsächlich großen Schwankungen, was die Zahl der Tageslichtstunden betrifft. Je weiter im Norden um so länger ist die Zeit vor und nach Sonnenauf- oder Sonnenuntergang. Während es am Äquator sehr schnell hell oder dunkel wird, dauert es im Norden länger, bis es ganz dunkel oder ganz hell ist. Zudem werden die Tage im Winter viel kürzer und im Sommer viel länger.

Mittsommernächte

Mitte Juni um viertel vor eins – nachts, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2011-06-16__MG_0988_00253
Mitte Juni um viertel vor eins – nachts

Während man Anfang des Jahres noch das Gefühl hat, dass alles sehr schleppend voran geht, ändert sich im April und Mai alles sehr schnell. Ist das Datum der Tag- und Nachtgleiche um den 21. März erst einmal überschritten, dann geht es in Riesenschritten voran, denn jeder Tag ist 6 Minuten länger als sein Vorgänger. Mitte Mai kann man spätabends schon prima draußen Zeitung lesen und im Juni sind die dunkelsten Momente, wenn das Abendrot in das Morgenrot übergeht, der Himmel also sanft rötlich gefärbt ist statt strahlend blau. Das ist wunderschönes Fotowetter.

Jetzt fühlen sich alle energiegeladen und man möchte eigentlich gar nicht mehr drinnen sein. Mitternachtsgolf oder mit dem Hund um zwei Uhr nachts Gassi gehen, fühlt sich alles ganz normal an. Und so kommt man durchschnittlich im Jahr auch auf eine ganze Menge Sonnenstunden.

Wie Alufolie den Schlaf fördert

Hier kommt jetzt auch die Alufolie ins Spiel. Während es den meisten Isländern keine Probleme bereitet, dass es nachts nicht mehr richtig dunkel wird, tun sich die meisten Ausländer sehr schwer damit. Da nervt es manchmal schon, wenn die Verdunklungsgardinen nicht nahtlos schließen und auch nur kleine, hübsche Streifen Sonnenlicht ins Zimmer scheinen. Manchmal sind diese Vorhänge aber auch gar nicht vorhanden. Dann hilft für guten Schlaf nur eine Schlafbrille oder das Fenster mit Alufolie vollzukleben, denn dann bleibt es schön dunkel.

Lange Winternächte

Der Mond geht im Januar so um 10 Uhr morgens unter. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz , Island - Iceland 2009 02
Der Mond geht im Januar so um 10 Uhr morgens unter.

Im August wird es dann allmählich wieder dunkler, weshalb man auch abends wieder das Licht einschalten muss. Jetzt weiß man, dass der Sommer vorüber ist. Richtig dunkel ist der Nachthimmel anfangs aber noch nicht. Nach der Tag- und Nachtgleiche im September geht es aber ebenso schnell bergab wie es im Frühjahr bergauf ging und schon bald sind die Tage sehr kurz, weil es lange dauert bis die Sonne richtig hell geworden ist und dann das Licht schon wieder nachlässt, weil der Sonnenuntergang bald kommt. Im Dezember wird es sehr spät am Vormittag hell und schon lange vor dem Abend wieder dunkel. Wenn am 21. Dezember die Sonne um 11.23 Uhr aufgeht und um 15.30 Uhr wieder untergeht, liegen zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang nur vier Stunden. Deshalb kommt hier die Weihnachtsbeleuchtung auch schon ab Mitte November großflächig zum Einsatz und bleibt auch meist bis Februar im Dauereinsatz.

Im Februar um 10:00 Uhr morgens in der Stadt. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, Island - Iceland 2009 02
Im Februar um 10:00 Uhr morgens in der Stadt.

Im Winter macht es für das Gefühl sehr viel aus, ob es ein klarer Tag mit Schnee oder ein trüber Regentag ist. Hat es geschneit und scheint daraufhin die Sonne, dann kann man in der Mittagspause genügend Licht tanken, um sich wohl zu fühlen. Für Fotografen ist dies eine sehr schöne Zeit, denn in den paar Stunden, in denen es hell ist, ist das Licht weich und golden und eignet sich hervorragend zum Fotografieren.

An trüben Tagen hat man allerdings das Gefühl, gar nicht richtig wach zu werden. Dann würde man sich am liebsten zum Winterschlaf eingraben und erst im März wieder auftauchen. Einen Vorteil haben die dunklen, langen Nachte aber doch: Jetzt hat man wieder die Chance, das Nordlicht zu sehen. Und die tanzenden, farbigen Bänder am Himmel entschädigen für viele, dunklen Stunden.