12 Tónar – Der coolste CD-Laden im Land

Wie bei meiner Großmutter, denke ich als erstes, als ich den Laden in der Skólarvörðurstígur betrete und um die Ecke schaue. Da steht eine Couch wie aus Großmutters Zeiten, die geradezu zum Verweilen und Musikhören einlädt.

12 tónar in der Skólarvörðurstígur, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2012-05-03__MG_6773_00003
12 Tónar in der Skólarvörðurstígur

Aber hier gibt es nicht mehr nur Musik: Ein neuer Verkaufsschlager ist der getrocknete Kabeljau-Kopf, eine isländische Delikatesse – und mit Sicherheit das abgefahrenste Mitbringsel für die lieben Daheimgebliebenen. Natürlich gibt es für die mehr empfindlichen Seelen auch Taschen, Mützen, T-Shirts, und für alle die nicht mehr alle im Schrank haben auch 12 Tónar-Tassen. Außerdem kann man hier in aller Gemütsruhe, während man sich mit Kopfhörer die ausgesuchte Musik anhört, seine Ansichtskarten mit historischen Fotos kaufen, schreiben und frankieren. Und dann gibts da ja noch die in der Zwischenzeit berühmte handgemixte und mit einem handbemalten Etikett versehene 12 Tónar-Kaffeemischung. Vor allem nach einer langen Airwaves-Nacht zu empfehlen.

Das coolste Souvenir im Land: Getrockneter Kabeljau-Kopf, ©Sabine Burger/Alexander Schwarz/inreykjavik.is, CodHead und anderes im 12 Tonar
Das coolste Souvenir im Land: Getrockneter Kabeljau-Kopf, ©Sabine Burger/Alexander Schwarz/inreykjavik.is

Jóhannes braut erstmal einen starken Espresso, Lárus setzt sich schon mal. Über der Couch hängen Fotos aller ehemaligen und des jetzigen isländischen Präsidenten. Vor der Couch ein Couchtisch mit anachronistisch billigen CD-Spielern und ebensolchen Kopfhörern. Hightech und HiFi ist hier erstmal weit zu suchen.

“Lárus und ich kennen uns schon seit Urzeiten”, erzählt Jóhannes. Die beiden führen zusammen mit ihrem treuen Mitarbeiter Einar den CD-Laden 12 Tónar. “Und irgendwann haben wir dann im gleichen Club Schach gespielt und haben uns daneben oft über Musik und Plattenläden unterhalten. Unsere Unzufriedenheit darüber hat letztlich zu der Entscheidung geführt, einen gemeinsamen Laden zu eröffnen. Gänzlich stilgerecht haben wir diese bei einem Glas Bier während der Halbzeitpause eines ManU-Spiels getroffen”, lächelt er. Das war 1997. 2003 haben die beiden auch damit angefangen, selbst Musik zu produzieren.

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Urgemütlich auf isländisch

“Die Musikproduktion war ein logischer Schritt für uns. Wir wussten von Anfang an, dass wir das wollten. Wir haben nur auf die richtige Zeit und den richtigen Künstler gewartet. Und dann kam diese junge Musikerin von den Faröer Inseln, die uns einfach umgehauen hat. Und die gerne eine Platte aufnehmen wollte. Ich kannte sie von einer kleinen, früheren Produktion von den Faröer. Jeder Produzent wollte sie haben, aber glücklicherweise haben wir den Zuschlag bekommen. Eivør hat eine unglaubliche Stimme und gehört vielleicht zu den besten Musikanten überhaupt. In der Zwischenzeit arbeitet sie auch international sehr erfolgreich”, erzählt Lárus noch immer mit Begeisterung, wenn er daran zurückdenkt.

“Das Produzieren von Musik ist das Sahnehäubchen auf unsere Arbeit. Es macht einfach unheimlich Spaß. Vielleicht auch deshalb weil wir nur produzieren, was gute Qualität hat und was wir mögen”, sagt Jóhannes.

Für jeden Musikliebhaber einen Besuch wert: 12 tónar, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, IMG_6808__2010-03-24_15-32-11_aA
Für jeden Musikliebhaber einen Besuch wert: 12 Tónar

Beide haben aber auch noch eine andere Passion. Nun ja, sie hat jeweils auch mit Musik zu tun. So verbringt Jóhannes einen Teil des Jahres für seine Studien über Barockmusik (vor allem) in Deutschland. Seine Artikel werden in internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht, er hält Lesungen in halb Europa über diese Thema.

Lárus dagegen ist Händelexperte. Jede Aufnahme die jemals von diesem Komponisten eingespielt wurde, hat er in seinem Besitz.

Wohl auch deshalb, dass die Abteilung Klassik und Jazz so gut sortiert sind.

“In unserem zweiten Laden in der Harpa haben wir sogar noch mehr Klassik und alle lieferbaren Musiktitel isländischer Interpreten”, sagt Lárus nicht ohne Stolz. Die beiden sind eben weit mehr als einfach nur die Eigentümer eines CD-Ladens. So bekommt man auf Nachfrage auch gerne Tipps und Informationen und kann man es sich schließlich mit einem Stapel CDs gemütlich machen, um in aller Ruhe herauszufinden, welche CDs man gerne mit nach Hause nehmen möchte.

12 Tónar ist eben ein nicht ganz normaler CD-Laden und wird in Fachmagazinen nicht umsonst regelmäßig zu den besten der Welt gezählt. Eigentlich ist hier nichts wie in anderen Musikläden. Und wer braucht schon eine teure HiFi-Anlage, um gute Musik zu erkennen. Also lege ich die erste CD in den aufklappbaren CD-Spieler und setze mir die klapprigen Kopfhörer auf. Vielleicht dass man sich hier deshalb gleich so heimisch fühlt und sich keine bessere Umgebung denken kann, um in die isländische Musikszene einzutauchen.