Ásta Vilhelmína Guðmundsdóttir – Modedesignerin und Textilkünstlerin

Ihr Studium hat Ásta Vilhemína Guðmundsdóttir in Deutschland absolviert, und noch immer spricht sie hervorragend Deutsch. In der Zwischenzeit lebt sie wieder in Island, hat mit ásta créative clothes ein erfolgreiches Modelabel und ist als erfahrene und gefragte Textilkünstlerin auch viel in der Welt unterwegs. Die lebensfreudige Künstlerin erzählt von ihrer Zeit in Deutschland, ihrem Weg zur Textilkünstlerin und ihrer Inspiration.

Detail aus der Serie Blóðrauður (Blutrot) von Ásta Vilhelmína Guðmundsdóttir, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2013-03-15__MG_9737_00060
Detail aus der Serie Blóðrauður (Blutrot) von Ásta Vilhelmína Guðmundsdóttir

„Ich habe von 1986 bis 1990 an der Fachhochschule für Gestaltung in Pforzheim Modedesign studiert. Aber schon während des Studiums zog es mich auch zum künstlerischen Arbeiten hin. Und so bin ich nach meinem Studium zuerst im Staatstheater Stuttgart gelandet. Da habe ich noch mal unheimlich viel gelernt, was man mit Stoffen alles machen kann. Für bestimmte Inszenierungen mussten Stoffe beispielsweise alt aussehen. Also mussten wir die Stoffe entsprechend bearbeiten. Von Anfang an habe ich also nicht nur Kleidung entworfen, sondern war intensiv mit dem Stoff Textil an sich beschäftigt.“

Die Modedesignerin und Textilkünstlerin Ásta Vilhemína Guðmundsdóttir, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2013-03-15__MG_9670_00016
Die Modedesignerin und Textilkünstlerin Ásta Vilhemína Guðmundsdóttir

„Zu dieser Zeit gab es in Island praktisch keinen Markt für Designkleidung. Es gab praktisch auch keine Modedesigner, die in Island arbeiteten. Doch dann bekam ich das Angebot, für die Inszenierung von ,Evita‘ in Reykjavík die Kleider zu entwerfen. Daraufhin habe ich angefangen für das Theater und die Oper in Reykjavík zu arbeiten. Gleichzeitig habe ich auch Kleidung für Fernsehproduktionen und Werbung entworfen. Das war eigentlich auch ein guter Zeitpunkt um zurück zu gehen. Wir wollten gerne, dass unsere Kinder Island wirklich kennenlernen.“

„Langsam hat dann das Entwerfen und Herstellen von Kleidern die Überhand genommen. Auf einmal entstand in Island eine große Nachfrage nach Designerkleidung. Ich hatte ein großes Atelier in der Innenstadt und einen Laden in der Laugarvegur.“

„In der Zwischenzeit habe ich mich wieder, ohne das Herstellen von Kleidern gänzlich zu vernachlässigen, vor allem auf die Textilkunst konzentriert. Ich möchte auch nicht unbedingt viel von allem machen. Lieber kreiere ich etwas Besonderes oder Unikate, als dass ich Massenware irgendwo anders auf der Welt produzieren zu lassen. Deshalb verkaufe ich meine Kleidung unter dem Label ásta créative clothes auch über den Designladen Kraum. Es gibt sowieso schon soviel Überfluss, und die Modeindustrie ist eine der am umweltschädlichsten überhaupt, in der es zudem noch sehr viel soziales Unrecht gibt. Da müssen wir als Industrie noch viel verändern. Ich möchte gerne etwas schaffen, was zeitlos und etwas Besonderes ist, vor allem für diejenigen, die es trägt.“

Detail der Textilkunst von Ásta Vilhelmína Guðmundsdóttir, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2013-03-15__MG_9727_00053
Detail der Textilkunst von Ásta Vilhelmína Guðmundsdóttir

„Für mich fühlt es sich ein wenig so an, als ob der Zirkel rund ist und ich an einem Neuanfang  stehe. Wie damals während des Studiums, arbeite ich wieder viel an experimentellen Sachen, arbeite ich viel an Textilstrukturen. Hierfür kann ich aus meinem Erfahrungsschatz, den ich in den zehn Jahren (2000–2010) in denen ich mein großes Atelier hatte, schöpfen. Damals haben wir sehr viel experimentiert mit Stoffen, ihrer Beschaffenheit, dem Kombinieren verschiedener Stoffe, dem Filzen, dem Färben und so weiter. Vor allem mit isländischer Wolle. Das ist sozusagen schon seit Jahrhunderten unsere ureigene Wolle. Wir sollten dieses Material besser verstehen lernen und weiterentwickeln. Das betrifft übrigens auch die Maschinen zur Verarbeitung der Wolle.“

Ásta Vilhelmína Guðmundsdóttir zwischen Teilen ihrer Installation Blóðræuður während einer Austelliung im alten Kraftwerk Toppstöðinn in Reykjavík, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz , 2013-03-15__MG_9708_00042
Ásta Vilhelmína Guðmundsdóttir zwischen Teilen ihrer Installation Blóðræuður während einer Austelliung im alten Kraftwerk Toppstöðinn in Reykjavík

„Ich habe also viel ausprobiert – jetzt ist es an der Zeit diese Erfahrung und dieses Wissen umzusetzen. Ohne das Atelier und den Laden habe ich die Möglichkeit, mich freier zu entwickeln.
Ich versuche, wie ein Maler sich mit dem Pinsel ausdrückt, mich mit Textilien zu artikulieren.“

„Meine Inspiration finde ich zuallererst in der isländischen Natur, Das ist meine Heimat, mein Ursprung. Ich möchte, dass meine Kleider so aussehen, als wären sie der Natur entsprungen, als hätten sie ein Weilchen in der Natur gelebt, vom Wetter gezeichnet. So ist alles was ich mache auf die eine oder andere Art ein wenig zusammengeknautscht. Davon komme ich nicht weg.“

„Meine Heimat ist also meine Basis. Aber eigentlich lasse ich mich von allem inspirieren, was mir auf auf meinem Weg begegnet. So arbeite ich im Moment an einer Reihe von Textilstrukturen, die ich Blóðraudur (Blutrot) nenne. Inspiriert wurde ich hier vor allem von einer einigermaßen blutrünstigen Aufführung des Macbeth im letzten Herbst in Reykjavík, einer Reise nach Marokko, auf der ich die schillerndsten Rottöne gesehen habe, die man sich vorstellen kann und die Mitternachtssonne.“

„Als Künstlerin bin ich in der Zwischenzeit recht viel auf internationalen Symposien eingeladen. So gehe ich dieses Jahr noch nach Frankreich und Japan. Bin gespannt, welche Eindrücke ich da auftun werde.“