AdHd – ein Jazzquartett der Weltklasse

Sie haben sich gesucht und gefunden. 2008 haben sie zum ersten Mal miteinander gespielt. Seitdem ist AdHd ihr musikalisches Lieblingskind und sind die vier Musiker David Þór Jónsson (*1978, Tasten, Gitarre, Bass), Magnús Trygvason Elíassen (*1985, Schlagzeug), Ómar Guðjónsson (*1978, Gitarre, Bass) und Óskar Guðjónsson (*1974, Saxofon) unzertrennlich miteinander verbunden, auch wenn sie, wie in Island so üblich, alle noch an anderen musikalischen Projekten teilhaben.

Der älteste, Ómar Guðjónsson (li) und jüngste, Magnús Trygvason Elíassen der AdHd-Bandmitglieder, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2014-01-03__MG_2009_00019
Der älteste, Ómar Guðjónsson (li) und jüngste, Magnús Trygvason Elíassen der AdHd-Bandmitglieder, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz

Vor ihrer Europa-Tournee (mit dem Schwerpunkt Deutschland (Tourneeplan findet sich am Ende des Artikels) im Januar 2014 sprach inReykjavik.is mit dem ältesten und jüngsten der AdHd-Musiker Óskar und Magnús darüber, was ihre Band für sie selbst, aber auch für die Zuhörer, die sie in immer größerer Zahl finden, so besonders macht. Hier sind nicht nur großartige Handwerker, sondern vor allem auch begnadete Musiker am Werk. Die Konzerte versprechen ein wahrer Genuss für jeden Musikliebhaber zu werden.

Gelegenheitsformation entdeckt ihre musikalische Liebe auf den ersten Ton
Óskar: Der Name AdHd kam uns während eines Essens am Küchentisch in meiner Wohnung. Ich glaube, David Þór war derjenige, der darauf kam. Am Anfang dachten wir an AdHd 800, aber letztendlich haben wir uns für AdHd entschieden. Das Lustige daran ist, das Magnús tatsächlich eine Zeit lang mit Kindern gearbeitet hat, unter denen viele auch dieses Syndrom aufwiesen.
AdHd entstand, weil ich 2008 für einen Gig auf dem Jazz- und Bluesfestival in Höfn im Südosten Islands auf der Suche nach Musikern war, mit denen ich dieses Konzert gerne spielen wollte. Und schon bei der zweiten Nummer wurde mir klar, wow, das ist es! Hier entsteht gerade was, hier ist Energie, hiermit können wir ein Leben lang weitermachen, so lange wir unsere Kommunikation am Laufen halten.

Die beiden anderen Mitglieder des AdHd-Quartets, Davið Þór Jónsson (li) und Ómar Guðjónsson, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2013-08-19__MG_9756_00117
Die beiden anderen Mitglieder des AdHd-Quartets, Davið Þór Jónsson (li) und Ómar Guðjónsson, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz

Magnús: Das war wohl für uns alle der Fall. Da war gleich dieses Gefühl von, ja, wir passen zusammen, wir verstehen uns einfach, nicht nur menschlich, sondern auch musikalisch grandios. AdHd ist die Band bei der ich mich zu Hause fühle, hier gehöre ich her. Ich spiele noch bei einigen anderen Bands in anderen Musikrichtungen, bin viel auf Tournee. Wenn ich von einer Tournee heimkomme, bin ich normalerweise ziemlich ausgelaugt und brauche erstmal eine Pause. Aber jedes Mal, wenn ich von einer Tournee mit AdHd wieder heimkomme, fühle ich mich aufgeladen, strotze nur so vor Energie und fühle mich besser als vorher. AdHd ist der Act für mich, mit dem ich mir selbst etwas Gutes tue.

Quatsch und Privileg
Óskar: Wir haben einfach unheimlich viel Spaß auf unseren Tourneen. Wir verstehen uns alle vier außerordentlich gut, machen viel Quatsch miteinander, haben eine Menge Spaß und machen alle unsere eigenen Dinge  – und abends haben wir das unglaubliche Privileg mit unseren Freunden und grandiosen Musikern zusammenspielen zu dürfen. Dieses Lebensgefühl überträgt sich selbstverständlich auch auf unsere Musik.

Immer für einen Spaß zu haben, Ómar Guðjónsson und Magnús Trygvason Eliassen von AdHd. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2014-01-03__MG_1981_00013
Immer für einen Spaß zu haben, Ómar Guðjónsson und Magnús Trygvason Eliassen von AdHd. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz

Magnús: Wir befinden uns alle auf derselben Seite. Wir vertrauen einander völlig, auch auf der Bühne. Dass man sein Handwerk gelernt hat ist die eine Sache, aber dass man dann zusammen Musik wirklich zum Klingen bringen kann, eine ganz andere. Die Freiheit, die wir uns darin geben, die Musik die dadurch entsteht, das macht AdHd für mich so besonders wertvoll.

Óskar: Ja, wir vertrauen einander bedingungslos. Und keiner von uns in AdHd hat ein Ego, dass ihm oder der Band, geschweige denn der Musik im Wege stehen würde. Wir sind wie eine Vogelschar, die gemeinsam fliegt, ihre Formation ändert, ihre Richtung, ihre Reihenfolge. Sie bleibt aber immer zusammen, egal in welcher Konstellation.
Wir vertrauen einfach darauf, dass wenn einer von uns in einem Lied vom vorher Abgesprochenen abweicht, dass er dem Recht tut, was ihn im Moment bewegt. Wenn wir den Flow des anderen spüren, folgen wir ihm.
Wenn wir vier spielen sind wir miteinander zur selben Zeit alle komplett entspannt und gleichzeitig alle komplett fokussiert.

Musik spielen ist Vertrauen und Zuhören
Magnús: Musik entsteht in Vertrauen. Wenn du also mit jemandem musizierst, vertraust du ihm mit deinem Leben. Bei AdHd ist das so: Wir vertrauen unser Leben einander an. Wir komponieren alle gleichberechtigt, AdHd ist von uns allen jeweils zu einem Viertel, wir publizieren unsere CDs selbst. Und das soll auch so bleiben. Wenn wir auf Tour sind, schlafen wir im Doppelzimmer immer in wechselnden Formationen. So bleiben wir in offener Kommunikation miteinander.

Die vier bisher erschienenen CDs von AdHd, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2014-01-07_P1000076_00015
Die vier bisher erschienenen CDs von AdHd, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz

Óskar: Bevor wir auf die Bühne gehen, reden wir miteinander, was das für ein Raum ist, wie er klingt. Dann entscheiden wir, was wir spielen, von dem wir glauben, was in diesen Raum passen würde. Wir haben so 40 Titel auf Lager, also eine ganze Menge, um jeden Abend eine schöne Auswahl treffen zu können.
Und dann entwickelt sich Musik durch Zuhören. Wir als Musiker sind nur dazu da, den Song zum Leben zu erwecken. Er kommuniziert durch uns, zwischen uns und den Zuhörern. Lass es blühen, lass es fließen. Wir sind beim Konzert sozusagen nicht mehr auf der Bühne, sondern stehen hinten im Raum, hören dem Publikum zu und geben gleichzeitig vorne unser Bestes, dass es aufblühen kann.

Musikalischer Hintergrund
Óskar: Ursprünglich kommen wir musikalisch alle aus einer anderen Ecke. Gemeinsam haben wir, dass wir alle improvisierte Jazzmusik hören.
Unsere Musik entsteht aus dem Spiel zwischen uns heraus. Wir sind alle vier bereit unser Ego für AdHd unterzuordnen und der Musik, dem jeweiligen Song, zu dienen. Eigentlich möchte ich unsere Musik gar nicht erklären. Unsere Musik entsteht in Kommunikation zwischen uns.

AdHd-Verbeugung vor dem hoch geehrten Publikum, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz
AdHd-Verbeugung vor dem hoch geehrten Publikum, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz

Magnús: Manche sagen, es höre sich so an, als ob wir Crossover spielen würden. Und tatsächlich kommen eine Menge Leute zu uns und sagen, dass sie immer etwas Angst hatten, wenn Musik das Label ,Jazz‘ aufgeklebt bekommt, weil sie dann fürchten, es wird schwierig, es macht keinen Spaß oder man kann den Klängen nicht mehr folgen. Nachdem sie AdHd gehört haben, hätten sie sich auch getraut, andere Jazzmusik zu hören.
Tatsächlich ist Jazz ja auch eine wunderbare Form, auf der man aufbauen und formen kann.