Das Höfði-Haus

In Reykjavík gibt es nur recht wenige sehr alte Gebäude, daher zählt das Höfði Haus zu den architektonischen Schätzen der Stadt, den die Bewohner immer bewundert haben. Weltbekannt wurde das Haus, als hier 1986 die ersten Gespräche zu den Abrüstungsverhandlungen zwischen Gorbatschow und Reagan geführt wurden.

Tisch und Stühle an denen Michael Gorbatschow und Ronald Reagan das Ende des Kalten Krieges eingeläutet haben. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, Island - Iceland 2008 03
Original-Tisch und -Stühle an denen Michael Gorbatschow und Ronald Reagan das Ende des Kalten Krieges eingeläutet haben.

Das markante weiße Gebäude  wurde 1909 errichtet. Es kam als Baupaket aus Norwegen und besteht aus einer Mischung verschiedener Bau- und Dekorationsstile. Zur damaligen Zeit war es eines der größten und elegantesten Häuser. Das Höfði-Haus wurde für den französischen Konsul Jean-Paul Brillouin errichtet. Der befand sich in Reykjavík, um den Fischern der französischen Flotte beizustehen. Der Konsul hielt es allerdings nicht allzu lange in dem unwirtlichen Land aus und so wurde das Haus weiterverkauft. Zu den bekanntesten späteren Bewohnern zählen der Dichter Einar Benediktsson sowie die Familie der bekannten Malerin Louisa Matthíasdóttir, die dort einen Teil ihrer Kindheit verbracht hat. Vom Haus aus hat man damals wie heute einen wunderschönen Blick auf die Berge in Reykjavíks Umgebung. Elemente dieser Landschaft tauchen hin und wieder auch in Matthíasdóttirs Werk auf.

In den 1940er Jahren war Höfði der Sitz des britischen Botschafters. Winston Churchill und Marlene Dietrich waren in dieser Zeit zu Gast hier. Der letzte britische Botschafter riet seiner Regierung das Haus zu verkaufen, denn er war der Meinung, dass ein Geist, den er die Weiße Lady nannte, im Haus sein Unwesen trieb. Er fand ihre Anwesenheit wohl zu nervenaufreibend, was ihn dazu verleitet hat, den einzigen bekannten diplomatischen Brief zu schreiben, bei dem es um einen Hausgeist geht. Offiziell hieß es, das Haus sei in einem schlechten Zustand.

Im Verhandlungszimmer hängt ein Gemälde der früheren Bewohnerin und Künsterin Louisa Matthíasdóttir. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz
Im Verhandlungszimmer hängt ein Gemälde der früheren Bewohnerin und Künsterin Louisa Matthíasdóttir.

1958 kam das Haus in den Besitz der Stadt und sollte abgerissen werden, da es sich zu diesem Zeitpunkt tatsächlich in einem desolaten Zustand befand Glücklicherweise konnte es jedoch gerettet werden, da es Architekten in der Stadt gab, die den Wert eines solchen Gebäudes zu schätzen wussten. Seit der Renovierung wird das Höfði-Haus für offizielle Empfänge der Stadt Reykjavík und für Staatsempfänge mit ausländischen Würdenträgern genutzt. Es ist daher für das Publikum nur in seltenen Ausnahmefällen zur Besichtigung geöffnet. Noch immer scheint das Haus nicht zur Ruhe zu kommen, denn es gibt noch eine zweite Legende, nach der das Haus auf einer alten Wikingergrabstätte steht. Anscheinend kommen diese Geister nicht zur Ruhe, denn es heißt, der Getränkeschrank hätte regelmäßig einen unerklärlichen Schwund zu verzeichnen.

Es ist nicht überliefert, ob sich Gorbatschow iund Reagan auch vor der Toilette im Untergeschoss zu Verhandlungen gegenübersaßen. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, Island - Iceland 2008 03
Es ist nicht überliefert, ob sich Gorbatschow iund Reagan auch vor der Toilette im Untergeschoss zu Verhandlungen gegenübersaßen.

International bekannt geworden ist das Höfði Haus durch die Begegnung zwischen dem Generalsekretär der Sowjetunion Michael Gorbatschow und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten Ronald Reagan, die hier, am geografischen Mittelpunkt diesseits und jenseits des eisernen Vorhangs, die ersten Schritte zu einer Annäherung und schließlich Beendigung des Kalten Krieges genommen haben. Obwohl es bei dem Gipfeltreffen zunächst den Anschein hatte, das dieser gescheitert war, war es wohl beiden Seiten letztendlich deutlich, dass in der Zukunft weitere Fortschritte erzielt werden konnten. In Island war und ist man jedenfalls sehr stolz darauf, dass das Ende des Kalten Krieges, und damit auch der Fall der Berliner Mauer, hier seinen Anfang nahm.

Die Skulptur mit den stilisierten Hochsitzpfähle „Öndvegissúlur“ von Sigurjón Ólafsson, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, IMG_5238__2009-07-13_16-17-22_aA
Die Skulptur mit den stilisierten Hochsitzpfähle „Öndvegissúlur“ von Sigurjón Ólafsson

Das Höfði-Haus steht an einer exponierten Stelle, denn der Blick auf das Gebäude ist nicht verbaut. Auf dem Platz vor dem Haus steht die Skulptur Öndvegissúlur von Sigurjón Ólafsson. Öndvegissúlur sind die Seitenstützen eines Hochsitzes, also des Platzes, an dem der Vorstand eines Haushalts saß. Für Reykjavík haben diese aber noch eine weitere Bedeutung. Der Geschichte zufolge warf Ingólfur Arnarson, als er die Küste Islands entlang fuhr, alter Wikingersitte entsprechend die beiden Seitenstützen seines Hochsitzes ins Wasser. Dort wo das Holz an Land getrieben wurde, gründete er seinen Hof und legte damit den Grundstein, für die Entwicklung der kleinen Siedlung, die später zur nördlichsten Hauptstadt der Welt heranreifen sollte.