Lupinen

Ab Mitte oder Ende Mai hat man endlich das Gefühl, dass jetzt wirklich etwas geschieht in der Natur, bis in den Juni hinein wird alles mit einem zarten Grün aber auch mit einem violetten Ton überzogen.

Ganze Lupinenfelder, auch in der Stadt, zeichnen die Erde blau-violett. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2012-06-15__MG_0920_00174
Ganze Lupinenfelder, auch in der Stadt, zeichnen die Erde blau-violett.

Die Gletscher der Eiszeit haben ganze Arbeit geleistet und dafür gesorgt, dass nicht viele großwüchsige Pflanzen übrig geblieben waren. Moose und Flechten müssen da jetzt erst wieder die Vorarbeit leisten. Auch die Flüsse tragen eine Menge Landmasse in Island ab, doch geschieht die größte Erosion durch den Wind. Sandstürme und Gerölllawinen können die Folge dessen sein. Besonders an Stellen, an denen der Mensch die Bodenoberfläche angreifbar gemacht hat, zum Beispiel durch Überweidung oder wenn beim Offroadfahren Gras- oder Moosflächen aufgerissen werden, bietet dies dem Wind gute Angriffsflächen, den Boden abzutragen.

Um die Bodenerosion in den Griff zu bekommen, bemüht man sich darum, eine möglichst großflächige Pflanzendecke zu bekommen. Zu diesem Zweck wurden im 20. Jahrhundert fremde Pflanzen eingeführt wie die sibirische Lärche (Larix sibirica) oder die Alaska Lupine (Lupinus nootkatensis).

Während der Sommermonate prägen Lupinen vielerorts das Landschaftsbild. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2011-07-07__MG_2692_00174
Während der Sommermonate prägen Lupinen vielerorts das Landschaftsbild.

Lupinen sind sehr anspruchslos, gedeihen auch auf armen Sandböden und kommen auch mit Halbschatten zurecht. Sie bilden ein dichtes Wurzelgeflecht und sorgen so dafür, dass lockere Böden verdichtet werden. Mit ihren Wurzelknöllchen geht die Lupine eine symbiontische Beziehung ein mit Bakterien, die Stickstoff aus der Luft binden können. Auf diese Art wird der Stickstoffgehalt im Boden angereichert, weshalb die Lupine auch als Gründüngungspflanze bezeichnet wird.

Dass sich die Alaska Lupine in Island wohlfühlt, kann man daraus schließen, dass sie sich in straffem Tempo ausbreitet. Je weiter der Juni voranschreitet, um so weiter arbeitet sich die Lupine die Berghänge hinauf. Und was sich dem unbedarften Spaziergänger als idyllische Landschaft präsentiert, ist den Umweltschützern inzwischen ein Dorn im Auge, verdrängt doch die starke Lupine, die etwas zarteren, einheimischen Pflanzenarten. Denn diese wachsen zumeist näher am Boden und weit weniger schnell, was ihnen im direkten Wettbewerb Nachteile einbringt, zumal sich die in Island ansässige Lupine nicht als Futterpflanze eignet, da die Samen zu viele Bitterstoffe (Alkaloide) enthalten. Die Schafe finden jedenfalls keinen Geschmack an ihnen. Die Lupinen in Handarbeit wieder loszuwerden ist jedenfalls einigermaßen schwierig, da die Pflanzen weite Ausläufer bilden.

Angeln im Elliðaárdalur in Reykjavík zwischen Lupineneldern, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2012-06-26__MG_6472_00099
Angeln im Elliðaárdalur in Reykjavík zwischen Lupineneldern

Den meisten Isländern ist bewusst, dass die schnelle Verbreitung der Lupinen einigermaßen problematisch ist. Nichtsdestoweniger werden die abendliche Joggingrunde im Elliðaárdalur oder der Aufstieg auf den Hausberg Esja dadurch auch wunderschön eingerahmt, wenn sich die lilafarbenen, violetten und blauen Töne mit dem zarten Grün der Schafgarben vermischen und die Stängel des Engelwurz Akzente setzen.