Gröndalshúsið – Das frühere Wohnhaus eines isländischen Phänomens

Benannt nach seinem berühmtesten Bewohner Benedikt Gröndal, wurde das altehrwürdige Holzhaus im Zentrum der Stadt als Museum zugänglich gemacht.

Benedikt Gröndal
Benedikt Gröndal

Der ehemalige Bewohner Benedikt Sveinbjarnarson Gröndal wurde am 6. Oktober 1826 in Bessastaðir (der heutigen Residenz des isländischen Präsidenten) als Sohn des dortigen Rektors der Lateinschule und Poeten Sveinbjörn Egilsson und dessen Frau Helga Gröndal geboren.
Benedikt Gröndal studierte in Kopenhagen und war der erste Isländer, der im Fach Altnordisch einen Studienabschluss erzielte.
Er war schon zu Lebzeiten berühmt in Island und ein Phänomen. Der Mann mit der Tolle hatte viele Talente und Berufe:
Er war Lyriker und Prosaautor. Seine Bücher zeichneten sich aus durch seinen Humor, seine Geschichtstreue und Aufrichtigkeit. Seine Autobiografie, die erst nach seinem Tod erschien, gilt bis heute als Klassiker der isländischen Literatur;

Benedikt Gröndal mit signifikanter Frisur
Benedikt Gröndal mit signifikanter Frisur

Er arbeitete als Übersetzer (unter anderem übersetzte er den Homer aus dem Griechischen);
Er lehrte Altnordisch;
Er war Typograf und hat eine Anleitung zum Schreiben in lateinischen Buchstaben verfasst;
Er war ein angesehener Naturwissenschaftler und der erste Direktor des Isländischen Museums für Naturgeschichte;
Er arbeitete als Zeichner und Maler. Dabei hat er unzählige Vögel und andere Tiere die in Island ansässig sind, als auch einheimische Pflanzen gemalt. Diese Zeichnungen gelten heute noch als Meisterwerke und sind in Buchform erhältlich.
Nachdem der Tausendsassa mehrere Male zwischen Kopenhagen und Reykjavik umgezogen war, hat er schließlich das Haus an der Vesturgata 16b gekauft und dort bis zu seinem Lebensende am 2. August 1907 gelebt.

Das Haus

Das restaurierte Gröndalshúsið am neuen Ort. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2017-06-25_L1170181_00003
Das restaurierte Gröndalshúsið am neuen Ort. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz

Gröndal schrieb einmal über sein Haus: „Ein rotes Haus, zwei Stockwerke und sonderbar, das wegen seiner Form mehrere Spitznamen bekam: ‚Die Kiste’, ‚die Konsole’, ‚der Schreibpult’, da es in diesem Land nun einmal üblich ist, alles was man verhohnepipeln kann auch verhohnepipelt wird.“
Vor allem aber, und dies verschweigt der Autor hier moderat, wurde das Haus, 1881 errichtet und 1888 von ihm erworben, schon zu seinen Lebzeiten nach seinem Einwohner Gröndalshúsið, das Gröndalshaus, genannt.

Im Museum von Benedikt Gröndal, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2017-09-14_L1250306_00143
Im Museum von Benedikt Gröndal, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz

Nach seinem Tod verfiel das Holzhaus zusehends, und so entschied sich die Stadt schließlich im Jahr 2006 mit Hilfe einiger Investoren, das Haus aufzukaufen und zu renovieren. Nun geschieht dies mit den wenigen alten, ehrwürdigen Holzhäusern aus dem 19. Jahrhundert die es in Reykjavík noch gibt, des Öfteren und wird so gehandhabt, dass das Haus als Ganzes aus seinem Fundamenten gehievt und an einem anderem Ort gründlich renoviert wird, bevor man es an seinem neuen Bestimmungsort mit großem Kran und Volksauflauf, wieder als Ganzes auf neue Fundamente stellt.

Benedikt Gröndal war ein kreativer Tausendsassa. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2017-09-14_L1250313_00146
Benedikt Gröndal war ein kreativer Tausendsassa. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz

Die Leser der Kriminalromane von Arnaldur Indriðason (äußerst lesenswert!) mögen sich erinnern: Wie so oft in seinen Büchern gibt der Autor, von Haus aus Historiker, mehr oder weniger verborgene literarische Hints. In Frevelopfer erinnert sich Elingborg, wie sich Erlendur einmal mächtig darüber aufgeregt hat, dass das Haus hier abgetragen wurde und vermeintlich ein einsames und verlassenes Dasein im Geschichtsmuseum Árbær, weit draußen im Osten der Stadt führen sollte.
Soweit sollte es, im doppelten Sinne, glücklicherweise nicht kommen. Das Gröndalshús steht jetzt an seinem neuen Ort nur ein paar Schritte von seinem ursprünglichen entfernt, an der Ecke zwischen Mjóstræti und Fischersund und damit noch immer im ältesten Viertel der Stadt, Vesturbær, Weststadt, sozusagen am Westend der Innenstadt.

In Island war und ist Benedikt Gröndal auch als Naturzeichner bekannt und beliebt beliebt. Im Museum von Benedikt Gröndal, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2017-09-14_L1250320_00149
In Island war und ist Benedikt Gröndal auch als Naturzeichner bekannt und beliebt beliebt.
Im Museum von Benedikt Gröndal, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz

Die Stadt hat das Gröndalhús mit dem Ortswechsel auch einer neuen Bestimmung übergeben.
Die Reykjavík Unesco City of Literature verwaltet dabei das Gebäude und macht es so zu einen lebendigen kulturellen Betrieb inmitten der Hauptstadt.

Seit dem Sommer 2017 fungiert das Haus als kleines Museum über seinen berühmtesten Bewohner, gespickt mit vielen Informationen vor allem über den Schriftsteller und Naturzeichner Benedikt Gröndal. Die multimedialen Informationen gibt es auf Isländisch und Englisch.
Auch finden hier Literaturlesungen und Kulturevents statt.
Im oberen Stockwerk sind zwei Büroräume untergebracht, die kreativen Unternehmen für eine Zeit lang zu relativ günstigen Mieten zur Verfügung gestellt werden. Im Untergeschoss können ausländische Autoren eine Zeit lang im Residency Flat wohnen und arbeiten.