Die Sommersonnenwende

Schon Wochen vorher rumort es in der Stadt. Alle freuen sich auf diesen Tag, so scheint es, wie auf Weihnachten. Nur, dass die Freude sich jetzt im Sommer im Freien abspielt. Mit ein wenig Glück strahlt Tag und Nacht die Sonne, und wir bei dem feierlustigem Völkchen der Isländer auch anderweilig die Nacht zum Tag.

Die Harpa, um ein Uhr nachts im warmen Sonnenlicht, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 011-06-22__MG_1236_00045
Die Harpa, um ein Uhr nachts im warmen Sonnenlicht

Am Tag der Sommersonnenwende (jeweils dem 20., 21, oder 22. Juni) erreicht die Sonne ihren Höchststand am Horizont, steht also am entferntesten vom Äquator. Die Sonne steht dann über dem nördlichen Wendekreis, was dazu führt, dass auf und nördlich dieses Wendekreises an diesem Tag (bzw. in dieser Nacht) die Sonne nicht untergeht. Reykjavík (und ganz Island) liegen ein wenig unter dem nördlichen Wendekreis, was zur Folge hat, dass die Sonne zwar für eine kurze Zeit vom Horizont verschwindet, aber gleich danach auch wieder auftaucht. Dunkel wird es deshalb aber keineswegs. Es bliebt die ganze Nacht über taghell, wie auch in den Wochen davor und danach.

Die Hallgrímskirkja mit Leifur Eiriksson, taghell mitten in der Sommernacht, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2011-06-16__MG_0974_00239
Die Hallgrímskirkja mit Leifur Eiriksson, taghell mitten in der Sommernacht,

Darum auch, dass sich manche aus Verzweiflung Aluminiumfolie auf die Fenster kleben, um endlich einmal wieder richtig schlafen zu können und keine Insomnia (Schlafkrankheit) zu bekommen.

Die meisten Isländer stört die Sonne nachts aber nicht sonderlich. Sie sind daran gewöhnt – auch um im Sommer viel länger draußen zu feiern. Auch junge Kinder dürfen im Sommer nachts draußen sein. Erst im Herbst steht dann in der Zeitung wieder ein Artikel, der darauf hinweist, dass junge Kinder ab sofort wieder um 22:00 Uhr zu Hause sein müssen.

Isländer leben stark mit den Jahreszeiten. Was bleibt einem auch anderes übrig. Schließlich gibt es im Winter kaum Licht und kann es unangenehm kalt werden. Dafür bleibt es im Sommer, mit dem Höhepunkt der Sommersonnenwende, die ganze Nacht über taghell und genießt man das Leben so viel wie möglich draußen.

Sobald es die Temperaturen auch nur bedingt zulassen, und sei es unter Zuhilfenahme eines Heizstrahlers auf einer Caféterrasse draußen zu sitzen, wird dieses Angebot gerne angenommen.

Straßenperformance im mittsommerlichen Reykjavik, ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2013-06-21_Straßentheater_4_00001
Straßenperformance im mittsommerlichen Reykjavik

In der Stadt ist von einer Sommerpause nichts zu merken. Plätze werden zu sommerlichen Begegnunsstätten umgebaut, Teile der Laugavegur und Skólavörðustígur, sowie die Bankastræti werden zu Fußgängerbereichen umgeodelt, verteitl in der Innenstadt werden Parkbänke zum Verweilen aufgestellt. Aber es gibt auch aktie Überaschungen: Manche Schüler nehmen an kulturellen Projekten teil, bei denen sie die Menschen in der Stadt mit Musikauftritten und kurzen Performances überraschen. Man sollte sich also nicht wundern, wenn beispielsweise auf einmal eine Gruppe gänzlich in weiß gekleideter Jugendlicher wie Fische bei einer Fußgängerampel die Straße auf dem Bauch robbend überquert. Oftmals sind diese Momente auch witzige Motive um auf die digitale Fotoplatte zu bannen.

Zwar werden die Tage ab jetzt ja wieder kürzer. Trotzdem freut sich jetzt ertmal jeder auf den bevorstehenden Sommer – denn über den ganzen Monat Juli sind die meisten Büros und Geschäfte geschlossen und haben die meisten hier ihren Sommerlaub.