Der deutsche Autor Finn-Ole Heinrich in Reykjavik

Der deutsche Autor Finn-Ole Heinrich wohnt in diesem Sommer für ein paar Wochen in Reykjavik. Hinter seinem Aufenthalt steht das Goethe-Institut in Kopenhagen, das jedes Jahr in Zusammenarbeit mit der UNESCO-Literaturstadt Reykjavik zwei deutschen Autoren die Möglichkeit bietet, sechs Wochen in der isländischen Hauptstadt zu verbringen, zu schreiben und zu recherchieren. Auf einer Blog-Seite berichten die Autoren über ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der kreativen Metropole.

Der deutsche Autor Finn-Ole Heinrich in Seltjarnarnes vor dem Leuchturm auf der Insel Grótta. ©Björn Kozempel, 2012-07-16_IMG_9175_00001
Der deutsche Autor Finn-Ole Heinrich in Seltjarnarnes vor dem Leuchturm auf der Insel Grótta.

Nachdem sich Anfang des Sommers der Romanautor Volker Altwasser in Reykjavik aufgehalten hatte, genießt nun Finn-Ole Heinrich den Sonnenschein in Reykjavik. Finn hat eigentlich Film studiert, aber mittlerweile zahlreiche Bücher herausgegeben, darunter Romane, Kinderbücher und Sammlungen von Kurzgeschichten. Zuletzt erschien im Jahr 2011 das Kinderbuch Frerk du Zwerg bei Bloomsbury, das für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert wurde und im Herbst auf dem Internationalen Literaturfestival Berlin als Oper inszeniert wird. Björn Kozempel sprach mit Finn-Ole Heinrich über Reykjavík, Schlafbrillen und multiple Begabungen.

Du hast im vergangenen Jahr das Kinderbuch „Frerk, du Zwerg“ gemeinsam mit der isländischen Grafikerin Rán Flygenring herausgebracht. Können wir durch deinen Aufenthalt in Reykjavik auf ein neues spannendes Buchprojekt hoffen?
Ja! also, ich hoffe zumindest. und Rán hat auch gesagt, dass sie mitmacht. Die Chancen stehen also gut. ich hab den Text schon weitestgehend fertig, jetzt muss Rán natürlich erstmal ordentlich die Stifte schwingen, dann müssen wir sehen, ob das Ganze nicht nur uns, sondern auch dem Verlag gefällt. Ich bin da aber recht zuversichtlich.

Die hellen Sommernächte machen vielen Nicht-Isländern zu schaffen. Einige benutzen dicke, samtene Vorhänge und Schlafbrillen mit Goldspitze, andere schlafen gar nicht. Wie bekommt dir die immerwährende Helligkeit?
Ich hab fiese Schlafstörungen seit ich vierzehn bin. Bin also daran gewöhnt, mich hin und her zu wälzen und morgens hundemüde am Schreibtisch zu sitzen. Aber die Nächte, ja, sind hier schon noch eine Schippe schlafunfreundlicher. Allerdings finde ich die Geräuschkulisse in meinem Haus hier anstrengender als das Licht, das halte nämlich auch ich per Schlafbrille von meiner Netzhaut fern. Die Geräusche dringen aber durch meine Ohropax … Ansonsten find ichs erstaunlich, besonders und eine schöne Erfahrung: diese hellen Nächte. Das um-zwei-aus-dem-Club-treten-und-denken-es-sei-früher-Nachmittag. Der angetäuschte Sonnenuntergang, wenn die Sonne nur mal ganz kurz den Ozean streichelt. Das Pumpen der Pflanzen in diesem vielen Licht.

Seit der Frankfurter Buchmesse 2011 ist die deutsche Öffentlichkeit der vielseitigen und kreativen Autorenszene Islands gewahr geworden. Wie erlebst du das literarische Island?
So viel kann ich da leider nicht sagen. ich hab hier nicht mit anderen Autoren zu tun. ich lese sie hier jetzt auch nicht speziell, die schreiben ja auch auf Isländisch… und ich suche hier genauso wenig Austausch mit anderen Autoren wie in Deutschland. Interessant ist, dass so viele Leute hier schreiben, professionell und ausgesprochen hochwertig, aber neben fünf anderen Sachen, die sie auch noch machen. Diese geballte multiple Begabung, die lässt mich immer wieder staunen, auch wenn ich mittlerweile Erklärungen dafür zu haben meine: das ist eindrücklich und besonders. Ohne die isländische Literatur wirklich besonders zu kennen, kann ich Sjón sehr empfehlen. das ist ein Autor von Weltrang. (Oha! eine isländische Macke ist meines Erachtens, sich immer in Superlativen zu ergehen – siehste mal, was vier Wochen Island mit mir anstellen…)

Finn-Ole Heinrich im Reykjaviker Sommer, ©Björn Kozempel, 2012-07-16_IMG_9184_00003
Finn-Ole Heinrich im Reykjaviker Sommer

Gibt es für dich einen Ort in der Stadt, wo du dich gern aufhältst?
Der Laugavegur hat schon eine besondere Atmosphäre und ist sehr unterschiedlich zu den verschiedenen Tages- und Nachtzeiten, an den verschiedenen Wochentagen. tagsüber die Touristen, bei Sonnenschein die sonnensüchtigen, tendenziell bleichen Isländer, die spontan ihre Arbeit Arbeit sein lassen und sich in die Sonne werfen, um den knappen Sommer in ihre Haut aufzusaugen, die flanierenden, aufgebrezelten Chicks und Hipster, wenn es auf das Wochenende zugeht, die Besoffenen, Torkelnden, Kriechenden am Freitagabend, die kotzenden Teenager am Sonntagmorgen, kurz bevor die Straßenreinigung die Straße wieder für die deutschen Touristen in ihrer Funktionskleidung in den angemessenen Zustand verwandelt. Toller Ort jedenfalls, weil es immer was zu gucken gibt.
Ansonsten: wenn ich aus meiner Bude rauslaufe und ein bisschen an der Küste entlang stiefele, dann komme ich irgendwann an so einen verlassenen Zipfel mit Leuchtturm und hochaggressiven Küstenseeschwalben. Da ist es sehr schön, sehr ruhig und bei guten Wetter kann man sehr weit gucken.