Der isländische Nationalfeiertag: 17. Juni 1944

Der zähe Kampf um die Unabhängigkeit des Landes fand mit den Feierlichkeiten zur Gründung der Republik am 17. Juni 1944 seinen krönenden Abschluss. An diesem regennassen und kalten Tag wurde an historischer Stätte die Republik Island ausgerufen.

An historischer Stätte, dem Lögberg (dem Gesetzesberg) in Þingvellir wurde 1944 die Unabhängigkeit Islands ausgerufen. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2012-06-15__MG_0478_00134
An historischer Stätte, dem Lögberg (dem Gesetzesberg) in Þingvellir wurde 1944 die Unabhängigkeit Islands ausgerufen.

Die Zeit von der Besiedlung des Landes (ab 870 n. Chr.) bis 1180 wird als eine erfolgreiche und friedliche Zeit gesehen, in der es gelang, das Land zu besiedeln und große Entdeckungsfahrten zu machen. Das Land war unterteilt in Godentümer und wichtige Entscheidungen und gerichtliche Urteile wurden in Thing-Treffen gefällt. Was das gesamte Land betraf wurde auf dem Althing (Alþingi), einer Versammlung aller Godentümer, entschieden. Während des Alþingi des Jahres 1000 wurde auch der Übertritt zum christlichen Glauben beschlossen.

Ein Gemälde in den Räumen des Alþingi, dem heutigen Parlament, setzt auf Gesprächsbereitschaft. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2011-06-17__MG_1005_00006
Ein Gemälde in den Räumen des Alþingi, dem heutigen Parlament, setzt auf Gesprächsbereitschaft.

Gegen Ende des 12. Jahrhunderts begann eine Periode blutiger Familienfehden, die zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen führten, in deren weiterer Entwicklung die norwegischen Könige ihren Einfluss in Island beständig verstärken konnten und 1262 wurde schließlich ein Vertrag unterzeichnet, der Island der norwegischen Krone unterstellte. Da das norwegische Reich sich vom heutigen Norwegen bis an die Westküste Grönlands erstreckte, lag Island sozusagen in der Mitte des Reiches. Etwa 200 Jahre später, als das norwegische Reich an das dänische Reich vererbt wurde, lag Island weit weg abseits und allein am Westrand des Reiches. Von diesem Zeitpunkt an war die Insel Teil des dänischen Königreichs.

Nationaltrachten werden am Nationalfeiertag mit Stolz getragen. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, IMG_1983__2010-06-17_16-41-01_aA
Nationaltrachten werden am Nationalfeiertag mit Stolz getragen.

Während die Isländer sich immer als ein eigenständiges Volk mit einer eigenen Sprache sahen, waren die Menschen über lange Zeit nicht sehr politisch interessiert. Doch im 19. Jahrhundert erstarkte ein Nationalbewusstsein, das sich zu einer Unabhängigkeitsbewegung entwickeln sollte. Besonders Jón Sigurðsson setzte sich unermüdlich für eine Ablösung des Landes von Dänemark ein, doch wollte Dänemark die Insel nicht so einfach aufgeben.

In zähen Verhandlungen konnten die Isländer den Dänen nach und nach Selbstbestimmungsrechte abringen, bis schließlich 1874 ein Kompromiss geschlossen werden konnte, bei dem das Alþingi gesetzgebendes Organ und einer der Minister der dänischen Regierung Minister für Island wurde.

1918 wurde dann ein weiterer Meilenstein erreicht, als Island  zu einem unabhängigen Staat unter der Krone Dänemarks wurde, dessen Außenpolitik von Dänemark bestimmt werden sollte. Island sollte sich demnach neutral aufstellen und keine Militärmacht unterhalten. Bis 1920 war auch der dänische Oberste Gerichtshof für Island zuständig.

Ein Bildnis Jón Sigurðssons aus Anlass des Nationalfeiertags mit Schleife in den Nationalfarben geschmückt. © Sabine Burger, Alexander Schwarz, 2011-06-17__MG_1066_00066
Ein Bildnis Jón Sigurðssons aus Anlass des Nationalfeiertags mit Schleife in den Nationalfarben geschmückt.

Im Zweiten Weltkrieg setzte Island auf seine Neutralität und seine abgeschiedene Lage. Ein Angebot der Briten, eine Schutzmacht zu senden, wurde abgelehnt. Als Dänemark dann im April 1940 von deutschen Truppen besetzt wurde, entschlossen sich die Briten jedoch, die strategisch wichtige Insel zu besetzen, wo sie am 10. Mai landeten. 1941, also noch bevor die USA offiziell in den Krieg eingetreten waren, wurde mit Unterstützung der Briten ein Abkommen vereinbart, nach dem die USA künftig den Schutz der Insel übernehmen sollten. 25.000 britische und 60.000 amerikanische Soldaten wurden in Island stationiert und die großen Bauvorhaben (die Flughäfen in Keflavík und Reykjavík, sowie die dazugehörige Infrastruktur) brachten Geld, Arbeit und Wohlstand.

Viele strömen am Nationalfeiertag in Nationaltracht in die Innenstadt. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz, IMG_1615__2010-06-17_11-59-52_aA
Viele strömen am Nationalfeiertag in Nationaltracht in die Innenstadt.

Das Alþingi nahm gleich nach der Besetzung Dänemarks eine Resolution an, die besagte, dass der dänische König nicht mehr Staatsoberhaupt sein könne und übertrug seine Befugnisse der Regierung. Ein Teil der Politiker wollte sich sofort von Dänemark lösen, ein anderer fand es etwas schäbig, die Situation so auszunutzen, und so entschied man sich dann erst 1943 dafür, sich vom Vertrag mit Dänemark loszusagen. Damit hatte man sozusagen eine Art Ehrenfrist den Dänen gegenüber eingehalten. In einem Referendum im Mai 1944, mit einer ungeheuren Wahlbeteiligung von 98,6 %, stimmte nur ein halbes Prozent der Wähler gegen die Unabhängigkeit.

So wurde am 17. Juni 1944, am Geburtstag Jón Sigurðssons, in einer Zeremonie in Þingvellir, also an der Stelle, an der traditionell das Alþingi zusammengekommen war, die Republik Island ausgerufen. Die riesige Menschenmenge von mehreren Tausend Besuchern hatte sich nicht durch kaltes und nasses Wetter abhalten lassen. Sveinn Björnsson wurde zum ersten Präsidenten ernannt.

Der Schauspieler Ingvar Eggert Sigurðsson liest am Nationalfeiertag Texte von Jón Sigurðsson im Alþingi, dem isländischen Parlament. ©Sabine Burger, Alexander Schwarz
Der Schauspieler Ingvar Eggert Sigurðsson liest am Nationalfeiertag Texte von Jón Sigurðsson im Alþingi, dem isländischen Parlament.

Seit diesem Tag ist der 17. Juni der Nationalfeiertag, der mit einem Gottesdienst und einer öffentlichen Gedenkfeier mit Reden, Chorgesang und Gedichten beginnt, was dann in den gemütlichen Teil übergeht, bei dem Geselligkeit, Spaß, Musik und Tanz im Vordergrund stehen. Der Tag verläuft meist sehr entspannt und in der ganzen Innenstadt trifft man Freunde, Bekannte und Verwandte. Natürlich hoffen alle, dass das Wetter auch mitspielt, so dass man einen schönen Tag draußen erleben kann.

Wie der Tag 2016 abläuft, was es wo zu sehen und zu feiern gibt, findet sich hier auf der offiziellen englischsprachigen Site. Die Festivitäten für die ganze Familie konzentrieren sich auf den Austurvöllur (den Parlamentsplatz) und die Straßen darum herum, die Harpa und die Ufer des Tjörnin, dem Stadtsee am Rathaus.